Die Ärztekammer Westfalen-Lippe feiert ihr 75jähriges Jubiläum. Lesen Sie hier einen Abriss über die Geschichte der ÄKWL. In der Festveranstaltung anlässlich des Jubiläums der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Verabschiedung des Hauptgeschäftsführers Dr. phil. Michael Schwarzenau am 11. Juni 2022 in Münster sagte Dr. Hans-Albert Gehle, Präsident der ÄKWL:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,
„Eine Einladung – zwei Ereignisse“, unter diesem Motto steht die heutige Festveranstaltung. Wir würdigen zwei besondere Anlässe: Zum einen begehen wir das 75-jährige Jubiläum unserer Ärztekammer, zum anderen verabschieden wir den langjährigen Hauptgeschäftsführer Dr. Michael Schwarzenau in den wohlverdienten Ruhestand. Und so sind denn mit Ihnen heute nicht nur zahlreiche Partner aus Gesundheitswesen und Selbstverwaltung versammelt, sondern ebenso Kollegen und Weggefährten sowie Familie und Freunde von Michael Schwarzenau. Dessen berufliche Biographie ist ja auch ein Teil der Kammergeschichte, auf die wir heute zurückblicken.
Selbstverständlich würde ich jetzt liebend gern jeden einzelnen von Ihnen persönlich begrüßen. Sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich mit Blick auf die Zeit davon absehe, und Sie alle ganz herzlich willkommen heiße. (...)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir feiern heute 75 Jahre Ärztekammer Westfalen-Lippe. Unsere Ärztekammer ist jedoch weitaus älter. Schon 1888 wurden in den damaligen preußischen Provinzen Ärztekammern errichtet. Darunter eben auch eine Ärztekammer in der Provinz Westfalen mit Sitz in Münster.
Mit dem Jubiläum beziehen wir uns auf den 4. Juni 1947. Nachdem bereits acht Monate zuvor, am 1. Oktober 1946, die erste Wahl zur Ärztekammer Westfalen stattgefunden hatte, konstituierte sich an diesem 4. Juni 1947 erstmalig nach Ende des Zweiten Weltkrieges eine Kammerversammlung als demokratisch legitimiertes Parlament der westfälisch-lippischen Ärzteschaft. Nach einem Krieg mit all seinen Folgen, die für die Menschen schrecklich und traumatisierend waren.
Ich kann an dieser Stelle nicht umhin, kurz auch die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine anzusprechen. Wie gerne hätte ich in meiner heutigen Rede gesagt: Seit Ende des Zweiten Weltkrieges ist Frieden in Europa. Das gilt seit dem Überfall russischer Truppen auf die Ukraine am 24. Februar nicht mehr. Es herrscht wieder Krieg in Europa. Eine unfassbare, eine bedrückende Erfahrung. Und es führt uns einmal mehr schmerzlich vor Augen, was Krieg bedeutet – gerade für die Zivilbevölkerung.
1947 war ein Neubeginn in schwieriger Zeit. Der Zweite Weltkrieg und das Ende des „Dritten Reiches“ lagen gerade erst einmal zwei Jahre zurück. 1946 war das Land Nordrhein-Westfalen gegründet worden. Die unmittelbare Nachkriegszeit ist eine Zeit des Wiederaufbaus, auch der Wiederherstellung von funktionierenden Verwaltungs- und Selbstverwaltungsstrukturen. Nach zwölf Jahren Naziherrschaft, Gleichschaltung und faktischer Zerschlagung der ärztlichen Selbstverwaltung und einer Interimszeit ab 1945, in der der Präsident von der britischen Militärregierung eingesetzt war, stand nun erstmals wieder ein gewählter Präsident an der Spitze dieser Ärztekammer: Dr. med. Viktor Egen aus Münster. Sein Enkel, Herr Kollege Viktor Egen, ist übrigens heute unter den Gästen, und ich begrüße ihn an dieser Stelle ganz herzlich!
Die Zeiten waren schwierig. Gleichwohl schauten die Menschen – auch die Ärztinnen und Ärzte – nach vorn und gestalteten ihre Zukunft neu. Die Kolleginnen und Kollegen machten sich daran, die Strukturen der Selbstverwaltung wiederherzustellen und mit neuem Leben zu füllen. Ein Kraftakt, eine Aufbauleistung, die wir uns heute, 75 Jahre danach, gar nicht mehr vorstellen können.
Im Westfälischen Ärzteblatt vom Dezember 1947 richtet Präsident Dr. Egen einen Weihnachtsgruß an seine Kolleginnen und Kollegen, darin heißt es:
„Die Mittel zur Versorgung unserer Kranken haben eine weitere Verknappung erfahren. Trotzdem ist unsere unermüdliche Arbeit erfolgreich gewesen, denn große Epidemien sind uns bisher erspart geblieben, wenngleich die Tuberkulose in Folge der Unterernährung in ständigem Zunehmen ist.“ Zitat Ende.
Diese Worte werfen ein Schlaglicht auf die schwierigen Rahmenbedingungen dieser Zeit. Umso größer ist der Respekt vor der Aufbauleistung. Eine Leistung der Menschen, die von ihren Berufskolleginnen und -kollegen gewählt waren und die sich mit ehrenamtlichem Engagement für ihren Berufsstand und die Patientenversorgung einsetzten. Dies auf der Basis staatlich übertragener Aufgaben, zunächst mittels alliierter Dekrete, seit dem 5. Februar 1952 mit dem nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetz als Rechtsgrundlage.
Wir Ärzte nehmen im gesetzlichen Rahmen die uns betreffenden Fragen und Angelegenheiten selber in die Hand. In eigener Verantwortung und ohne staatliche Fachaufsicht. Wir unterliegen lediglich der Rechtsaufsicht. Das ist der Grundgedanke der Selbstverwaltung. Er hat bis heute Bestand. Das Prinzip Selbstverwaltung hat sich als die Gestaltungskraft bewährt, mit der sich die Belange der Ärzteschaft ebenso wie die der Patientinnen und Patienten am wirkungsvollsten vertreten lassen. Unsere Arbeit ist, das sollten wir stets herausstellen, am Gemeinwohl orientiert.
75 Jahre Ärztekammer Westfalen-Lippe – um diese Zeitspanne Revue passieren zu lassen, möchte ich Ihnen heute keinen chronologischen Abriss der Kammerhistorie zumuten. Vielmehr will ich an einigen Beispielen anschaulich machen, wie sich die Kernbereiche unserer Selbstverwaltungsarbeit und verschiedene Aufgaben im Laufe der Jahre entwickelt haben. Auch, wo wir heute stehen.
„Qualität durch Qualifikation“ – dieses Motto steht seit jeher für die Weiterbildung als Kernaufgabe der Ärztekammer. Insoweit arbeiten wir natürlich mit den anderen Ärztekammern unter dem Dach der Bundesärztekammer gemeinsam an der Weiterentwicklung. Von Westfalen-Lippe aus haben wir diesen Prozess immer konstruktiv und kritisch begleitet und eigene Akzente gesetzt. Ein Prozess, der von der „Schilderordnung“ der 1960er Jahre über viele Weiterbildungsordnungen und -reformen bis hin zur kompetenzbasierten Weiterbildung reicht. In Westfalen-Lippe sind wir besonders stolz darauf, dass wir inzwischen die einzige Ärztekammer sind, die regelmäßig eine Evaluation der Weiterbildung durchführt.
Das Lernen hört in der Medizin niemals auf. Fortbildung ist eine berufslebenslange Verpflichtung der Ärztinnen und Ärzte. Es gilt, angesichts rasanter medizinischer Fortschritte stets auf der Höhe des fachlichen Wissens und Könnens zu bleiben. Fortbildung zählt ebenfalls zu den Kernaufgaben der Ärztekammer. Die Akademie für medizinische Fortbildung, 1976 als gemeinsame Einrichtung der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe gegründet, steht bis heute für Qualität, Aktualität und Themenvielfalt. Sie steht aber auch für den Zusammenhalt und den Schulterschluss der beiden ärztlichen Körperschaften in Westfalen-Lippe. Die Fortbildungswoche auf der Nordseeinsel Borkum ist unser „Flagschiff“. Mit ihrer Entwicklung vom kollegialen Wochenendausflug 1946 zu einem einwöchigen Kongress mit 1.800 Teilnehmern blickt die Borkumwoche auf eine eindrucksvolle und geradezu einzigartige Erfolgsgeschichte.
Dann das Berufsrecht, die Berufsordnung. Insoweit möchte ich jedoch weniger auf die Funktion der Kammer als Berufsaufsicht abstellen als auf ihre Rolle als Dienstleister, insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen. Die Rechtsberatung ist im Laufe der Jahre und Jahrzehnte angesichts immer komplexer werdender Regelungen immer wichtiger geworden. Angefangen bei vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten, Fragen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Ärztinnen und Ärzten über Fragen der Fernbehandlung bis hin zu den ganz aktuellen Herausforderungen der Pandemie – zu all diesen Fragen leisten wir kompetente berufsrechtliche Beratung.
Eines der Aushängeschilder unserer Ärztekammer ist die Gutachterkommission für Arzthaftpflichtfragen. 1977 gegründet wurde sie im Laufe der Jahre und Jahrzehnte zu einer ganz wichtigen Einrichtung im Sinne des Patientenschutzes entwickelt. Sie klärt Behandlungsfehlervorwürfe außergerichtlich, niederschwellig und für den Antragsteller kostenfrei – und das mit einer bemerkenswert hohen Befriedungsfunktion. Die Kommission arbeitet fachlich unabhängig, das ist sozusagen ihr „Markenkern“.
Seit mehr als 40 Jahren besteht eine Ethik-Kommission als gemeinsame Einrichtung der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Universität Münster. Sie ist Beratungsgremium und Genehmigungsbehörde für klinische Studien. 2021 gelang es, die gemeinsame Ethik-Kommission zu erweitern. Die Universität Bielefeld – Medizinische Fakultät OWL ist künftig dritter Partner in der gemeinsamen Kommission. Das ist ein bundesweit einmaliges und zukunftsweisendes Kooperationsmodell. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dieses Modell auch noch ausbaufähig ist.
Die Qualitätssicherung in Westfalen-Lippe hat sich aus den Anfängen der 1980er Jahre mit der Perinatal- und Neonatalerhebung zu einem breitgefächerten Komplex vieler unterschiedlicher Aufgaben entwickelt. Das entsprechende Kammerressort bündelt eine Reihe von qualitätssichernden Aktivitäten, die von der Ärztekammer selbst oder als gesetzlich geregelte oder vertraglich vereinbarte Auftragsleistung durchgeführt werden. Dazu gehören etwa die Ärztlichen Stellen nach Strahlenschutzverordnung oder die Zertifizierungstelle ÄKzert®, die im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen die vom Land im Rahmen der Krankenhausplanung anerkannten Brustzentren zertifiziert.
Und – auch das gehört zu unseren Aufgaben – wir sind für die Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten zuständig. Aber wir kümmern uns nicht nur um deren Ausbildung und berufliche Fortbildung, sondern wir werben aktuell auch massiv für beruflichen Nachwuchs. Unsere vor wenigen Wochen gestartete Kampagne zur MFA-Ausbildung wird vielleicht der ein oder andere von Ihnen wahrgenommen haben.
Was gehört noch zur Entwicklungsgeschichte der Ärztekammer Westfalen-Lippe? Ganz sicher das berufsständische Versorgungswerk, die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe. Sie besteht seit 1960. Die Kolleginnen und Kollegen finanzieren nicht nur ihre berufliche Vertretung selbst, sondern auch ihre Alters- und Berufsunfähigkeitsabsicherung. Die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe sieht sich dabei bis heute den Leitmotiven Verlässlichkeit, Stabilität und Zukunftsfähigkeit verpflichtet. Auch angesichts der jüngsten Herausforderungen – Bankenkrise, Niedrigzinspolitik, Verwerfungen durch die Corona-Pandemie – hat sich das Versorgungswerk als krisensicher, leistungsfähig und zukunftsgerichtet erwiesen.
Ansprechpartner sind wir übrigens auch für die Bürger und Patienten, dies nicht nur im Rechtsressort oder in der Gutachterkommission. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, Information und Orientierung innerhalb der Strukturen des Gesundheitswesens zu geben. Ausgehend von einem Modellprojekt des Landes NRW „Bürgerorientierung im Gesundheitswesen“ und der Einrichtung einer Projektstelle 1998 gibt es seit 2004 ein gemeinsam von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung getragenes Serviceangebot, die Patientenberatung. Diese erleichtert als neutraler und objektiver Wegweiser die Orientierung im regionalen Gesundheitswesen und leistet dadurch einen Beitrag zu mehr Transparenz und Patientensouveränität. Allein im vergangenen Jahr wandten sich rund 22.000 Ratsuchende an die Patientenberatung.
Auch heute, 75 Jahre nach dem Neuanfang, stellt diese Kammer sich den aktuellen Problemen und Herausforderungen des Gesundheitswesens: Was kann gegen den Ärztemangel unternommen werden? Wie sollte die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe zukunftsgerichtet weiterentwickelt werden? Wie erreichen wir eine sektorenübergreifende Versorgung und Versorgungsplanung? Wie kann Digitalisierung den medizinischen Versorgungsalltag nachhaltig erleichtern? Wir bringen uns ein und gestalten das Gesundheitswesen aktiv mit – hier nur drei Schlaglichter:
So haben wir uns beispielsweise mit Erfolg für eine stärkere Rolle im Rahmen der nordrhein-westfälischen Krankenhausplanung eingesetzt und uns umfassend in die konzeptionellen Arbeiten zur Entwicklung eines neuen Landeskrankenhausplans eingebracht.
Wir haben uns intensiv für die Errichtung einer neuen Medizinfakultät in Bielefeld stark gemacht. Dass dieses Projekt inzwischen umgesetzt wurde und erste Medizinstudierende dort ausgebildet werden, ist nicht zuletzt auch dem persönlichen Einsatz meines Amtsvorgängers und heutigen Ehrenpräsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Prof. Dr. med. Theodor Windhorst, zu verdanken.
Gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe haben wir ein zukunftsweisendes Positionspapier zur professionsübergreifenden Zusammenarbeit in der medizinischen Versorgung entwickelt, das die Möglichkeiten und Chancen der Delegation verdeutlicht.
Selbstverwaltung ist kein Selbstzweck. Sie ist Auftrag und Verpflichtung, aber keine lästige Pflicht. Ich empfinde Selbstverwaltung vielmehr als Privileg. Wir, die Ärztinnen und Ärzte, gestalten das Gesundheitswesen aktiv mit. Das können wir aber nur leisten mit Menschen, die bereit sind, sich ehrenamtlich in den Dienst der Selbstverwaltung zu stellen. Selbstverwaltung findet in der Freizeit statt. Das war vor 75 Jahren so und ist heute nicht anders.
Deshalb danke ich zunächst einmal den vielen, vielen Kolleginnen und Kollegen, die sich in den Gremien engagiert haben und engagieren. Die Herausforderung ist, gerade auch den ärztlichen Nachwuchs für die Gremienarbeit zu gewinnen und zu begeistern. Bei den Fortbildungstagen für Medizinstudierende im Praktischen Jahr im Rahmen der diesjährigen Borkumfortbildung haben wir den Kontakt zur jungen Ärztegeneration gesucht und für den Kammergedanken geworben – natürlich auch mit dem Appell: Bringt Euch ein und gestaltet ärztliche Berufspolitik mit!
Selbstverwaltung ist zeitgemäß. Damit bin ich bei Michael Schwarzenau, der diesen Satz zu seinem Credo gemacht hat. Für ihn liegt die besondere Leistungsfähigkeit der Selbstverwaltung in der engen Verzahnung von ehren- und hauptamtlicher Arbeit. Als Hauptamtler gehst Du, lieber Michael, nun nach 27 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand.
1995 kamst Du zur Ärztekammer. Nach dem Studium der Politikwissenschaft, Publizistik, Soziologie und Geschichte in Münster warst Du zuvor mehrere Jahre hauptamtlich als Referent und pädagogischer Leiter in der politischen Erwachsenenbildung eines Bildungswerkes tätig. Bei der Ärztekammer folgte sodann eine zweieinhalbjährige „Libero“-Tätigkeit als Referent, die auch politische Schwerpunktarbeit und Projektbetreuung umfasste. Ende 1998 wurdest Du Geschäftsführer der Kammer, seit 2006 trägst Du als Hauptgeschäftsführer Verantwortung für dieses Haus und seine inzwischen rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
„Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will, findet Gründe.“ Dieser Satz wird einer ganzen Reihe von bekannten Menschen als Zitat zugeschrieben. Passen tut es aber perfekt auf Michael Schwarzenau.
Seitdem Du in verantwortlicher Position für diese Ärztekammer arbeitest, treibt es Dich um, Ziele zu stecken und Wege zu finden, die auf diese Ziele hinführen. So hast Du etwa frisch im Amt des Hauptgeschäftsführers eine Organisationsreform und Straffung der Kammerverwaltung umgesetzt und den Fokus auf eine stärkere Prozessorientierung der Kammerarbeit gerichtet. Auch die Umstrukturierung der Gutachterkommission auf der Basis eines neuen Statuts hast Du maßgeblich vorangetrieben. Es war immer Dein Anspruch, die Kammer als modernen Dienstleister für Ärztinnen und Ärzte weiterzuentwickeln. Aber Deine Sorge galt und gilt natürlich auch den Menschen, die hier tätig sind: Für sie soll die Ärztekammer ein guter und attraktiver Arbeitsplatz sein, an dem man gern arbeitet!
Als politisch denkender und handelnder Mensch hast Du getreu dem Motto „gestalten statt verwalten“ immer auch die Schärfung des politischen Profils der Kammer und die Politikberatung im Blick behalten. Doch nicht nur das. Du siehst die Kammer auch als Partner der Politik, die bereit ist, Aufgaben verantwortungsvoll zu übernehmen. Auch neue Aufgaben, wie etwa die als Zertifizierer im Bereich Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement oder die Durchführung der Fachsprachenprüfung im Auftrag des Landes, sowie zusätzlich die Zuständigkeit für die Kenntnisprüfungen und die Eignungsprüfungen nach der Ärztlichen Approbationsordnung. Immer geht es Dir darum, die fachliche Expertise der Kammer als neutrale Instanz im Interesse der Versorgungsqualität einzubringen.
Auch die Flexibilität der ärztlichen Selbstverwaltung hast Du immer wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dies beispielsweise während der Flüchtlingskrise 2015. Damals ludest Du zum „Runden Tisch“ ein, der dem Informationsaustausch über pragmatische Lösungen zur Versorgung der Asylsuchenden diente. Oder auch jüngst erst mit dem Aufbau eines Freiwilligenregisters gemeinsam mit der Ärztekammer Nordrhein, um das Land bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zu unterstützen.
Seit Beginn seiner Kammertätigkeit richtet Michael Schwarzenau sein besonderes Augenmerk auch auf strukturelle Defizite des Gesundheitswesens und die Frage, wie sich ein Ausgleich schaffen lässt. Er engagierte sich bereits sehr früh für die aufsuchende medizinische Hilfe für wohnungslose Menschen und hat sicherlich maßgeblich dazu beigetragen, dass Nordrhein-Westfalen heute das einzige Bundesland ist, das über eine Rahmenvereinbarung und ein Umsetzungskonzept für diese Versorgungsaufgabe verfügt. Auch auf dem Gebiet der Patientenorientierung im Gesundheitswesen hat er sich mit nachhaltigem Erfolg für entsprechende Angebote eingesetzt. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens, E-Health und Telematik sind ihm ein besonderes Herzensanliegen. Seit 2016 ist er Aufsichtsratsvorsitzender des Zentrums für Telematik im Gesundheitswesen. Die Digitalisierung auch der Ärztekammer hat er aktiv vorangetrieben.
Lieber Michael, im Namen der Ärztekammer Westfalen-Lippe sage ich ganz herzlich Danke für die in 27 Jahren geleistete Arbeit, für Deine Art, Dinge beherzt anzupacken und mit Kreativität, aber auch dem Blick für das Machbare nach Lösungen zu suchen. Danke für Deine Loyalität, Deine fachliche Expertise und für die Beharrlichkeit bei der Umsetzung all dessen, was unsere Ärztekammer in den zurückliegenden 27 Jahren nach vorn gebracht hat.
Und vielleicht bleibst Du ja zwischen Familienreisen mit dem Wohnmobil, Wanderurlauben und Fahrradtouren, zwischen Autoleidenschaft und bürgerschaftlichem Engagement für den „Schapdettener Dorfladen“ auch noch über das eine oder andere gesundheitsbezogene Projekt dieser Kammer verbunden. Es würde uns freuen.
Wenn Du, lieber Michael, nun von Bord gehst, entsteht eine Lücke. Dein Wissen und Wirken werden fehlen. Aber Du hinterlässt, wie man so schön sagt, ein gut bestelltes Feld. Und für Kontinuität und die Fortsetzung Deiner erfolgreichen Arbeit sind die Weichen gestellt: Der Vorstand hat eine gleichberechtigte Geschäftsführung als neue Verwaltungsspitze eingesetzt.
Den ärztlichen Geschäftsführer, Herrn Dr. med. Markus Wenning, kennen Sie bereits seit Langem. Neu im Team begrüßen möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich Herrn Diplom-Kaufmann Mark Friedrich, der seit Anfang April als kaufmännischer Geschäftsführer für die Kammer tätig ist.
Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Friedrich, auch in diesem Kreis noch einmal ganz viel Erfolg für Ihre Arbeit und eine glückliche Hand bei der Umsetzung Ihrer Ziele und Projekte für die Ärztekammer und die hier arbeitenden Menschen. Ich bin mir sicher, dass Sie gemeinsam mit Markus Wenning die Verwaltung der Kammer auf einem guten und sicheren Kurs halten werden.
Liebe Gäste, Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.