Kammervorstand korrigiert realitätsferne Scheindebatte - Windhorst zum Thema Wartezeiten: Versorgung des Patienten meist innerhalb von 24 Stunden

Die Diskussion um die Terminvergabe bei Ärzten und Wartezeiten auf einen Facharzttermin ist nach Ansicht des Vorstandes der Ärztekammer Westfalen-Lippe eine „Scheindebatte, die an der Realität vorbei geht“, wie es Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst ausdrückt. Windhorst verweist in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Studie „The Commonwealth Fund 2013 International Health Policy Survey in Eleven Countries“ vom November 2013, die unter anderem auch den Zugang zur ärztlichen Versorgung untersucht hat. Das Ergebnis: Sind Menschen krank oder brauchen ärztliche Hilfe, bekommen Sie in Deutschland in 76 Prozent der Fälle noch am selben oder am nächsten Tag einen Termin. Auch eine schnelle Kommunikation mit dem Arzt ist laut Studie gewährleistet. Stellen Patienten telefonisch Fragen, bekommen sie zu 90 Prozent am selben Tag eine Rückruf-Antwort ihres Arztes. Deutschland liegt hier im Vergleich mit Australien, Kanada, Frankreich, den Niederlanden, Neuseeland, Norwegen, Schweden, der Schweiz, Großbritannien und den USA an der Spitze.

Damit erübrigen sich nach Ansicht Windhorsts auch die Pläne der neuen großen Koalition in Berlin, wonach gesetzlich Versicherte künftig nicht länger als vier Wochen auf einen Termin beim Facharzt warten sollten. Bei der Terminvermittlung soll eine zentrale Terminservicestelle bei der Kassenärztlichen Vereinigung eingeschaltet werden. Ist kein Termin innerhalb der Vier-Wochen-Frist zu haben, soll ein Behandlungstermin in einem Krankenhaus angeboten werden.

Windhorst: „Wochenlange Wartezeiten sind nicht so häufig, wie es die Pläne der Koalitionäre in spe vermuten lassen. Wer Hilfe braucht, bekommt auch schnell Hilfe. Die meisten Patienten werden innerhalb von 24 Stunden versorgt oder ihre Fragen beantwortet. Denn die Organisation von Millionen Behandlungsketten vom Haus- zum Facharzt und wieder zurück funktioniert dank guter kollegialer Zusammenarbeit seit langem auch ohne Einmischung der Politik. Wenn eine Erkrankung schwer und die fachärztliche Unterstützung eilig gefragt ist, kümmern sich Hausärztinnen und –ärzte seit jeher ganz selbstverständlich darum, dass ihre Patientinnen und Patienten ohne lange Wartezeit die nötige Hilfe erhalten.“

Es gehe an der Wirklichkeit der medizinischen Versorgung vorbei, immer wieder den Vorwurf der Zwei-Klassen-Medizin an unterschiedlich langen Wartezeiten festzumachen. „So individuell Patienten sind, so individuell ist ihr Behandlungsbedarf, der sich eben nicht vereinfachend in zwei Klassen fassen lässt. Ebenso wenig kann man es fachärztlichen Kolleginnen und Kollegen zum Vorwurf machen, wenn ihr Vormerkbuch und Wartezimmer voll sind. Ärztliche Arbeitszeit ist eben nicht beliebig vermehrbar.“

Auch würden seit langem bereits Krankenhausambulanzen Versorgungsaufgaben übernehmen, wenn niedergelassene Kolleginnen und Kollegen einmal nicht zur Verfügung stehen. Dass die Politik die Krankenhäuser nun verstärkt für die Versorgung ambulanter Patienten in Stellung bringen wolle, weise jedoch in die richtige Richtung. Windhorst: „Die strikte Trennung von ambulantem und stationärem Sektor ist für die Patienten von Nachteil. Künftige Planung muss deshalb sektorübergreifend beide Bereiche berücksichtigen. Krankenhäuser müssen unterstützen können, wenn ambulante Praxen überlastet sind oder zeitweise nicht zur Verfügung stehen. Das gelingt jedoch nur mit Kliniken und Abteilungen, die noch nicht wegrationalisiert und die ausreichend ausgestattet sind.“ Die Krankenhäuser dürften nicht als Lückenbüßer behandelt werden. „Wunder können die Kliniken nicht vollbringen. Auch in den Krankenhäusern, die nach dem Willen der Gesundheitspolitiker nun noch mehr neue Patienten versorgen sollen, bleiben schon jetzt tausende Arztstellen unbesetzt.“